Digitale Prozesskette steigert Produktivität

© Fotolia/Mimi Potter
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Vortragende Treffpunkt Digitalisierung
Oben, v. l.: DI Dr. Rudolf Pichler (smartfactory@tugraz), DI Wolfgang Kienzl (Kunststoff-Cluster) Unten, v. l.: Univ.-Prof. DI Dr. Georg Steinbichler (JKU Linz, LIT Factory), DI Dr. Thomas Auzinger (ISTA) © Business Upper Austria

20.04.2022

Die Digitalisierung in der Kunststoffverarbeitung stellt die Arbeitswelt vor neue Herausforderungen, birgt jedoch auch große Chancen. Auch wenn viele Prozesse bereits digitalisiert und Daten miteinander verknüpft sind, fehlt in vielen Unternehmen eine durchgängige digitale Prozesskette. Für Expert:innen ist sie ein Schlüssel zum Erfolg: Sie spart Zeit, erhöht die Produktivität und somit die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen. Dieses Thema stand im Mittelpunkt des „KC-Treffpunkt Digitalisierung“ am 7. April 2022.

Um die Potenziale der Digitalisierung voll auszuschöpfen, wurde im Herbst 2021 das Projekt „DiProK“ gestartet, das die Steigerung der Produktionseffizienz durch eine digitale Prozesskette bewerkstelligen will. Georg Steinbichler, Vorstand des Instituts für Polymer-Spritzgießtechnik und Prozessautomatisierung der JKU und Leiter der LIT Factory, ist federführend am Projekt beteiligt. Er ging in seinem Vortrag der Frage nach, ob die Kunststoffbranche eine gemeinsame, durchgängige und vertrauensvolle Datennutzung entlang der Wertschöpfungskette überhaupt braucht. Seine klare Empfehlung: Ja, denn die Vernetzung entlang der Wertschöpfungskette hat großes Potenzial, Abläufe, Verfahren und Prozesse in der Kunststoffwirtschaft zu optimieren und zu beschleunigen.

„Es gilt, Prozesse und Abläufe unter Einsatz dieser digitalen Technologien neu zu denken“, sagte Steinbichler.


Digitaler Produktpass

Der Spritzgieß-Experte Georg Steinbichler brachte auch Beispiele, wie Datendurchgängigkeit positiv genutzt werden kann – wie etwa beim digitalen Produktpass für Kunststoffverpackungen. Der digitale Produktpass erfasst alle recyclingrelevanten Eigenschaften automatisch während der Produktion einer Verpackung und leitet sie durch die Wertschöpfungskette. Über spezielle Markierungen können verwertbare Verpackungen im Recyclingprozess dann identifiziert und sortenreinen Fraktionen zugeführt werden. Das ist der Schlüssel zur Gewinnung hochwertiger Rezyklate, um den Kreislauf zu schließen. Hinter dieser Initiative stehen namhafte Unternehmen der Kunststoffindustrie.


Digitisierung – der Schritt von analogen zu digitalen Daten

Rudolf Pichler, Leiter der „smartfactory@tugraz“, einer Lernfabrik für agile und datensichere Fertigung, wies darauf hin, dass Digitalisierung nichts anderes bedeutet als pure Vernetzung. Die Digitalisierung benötigt vorher die sogenannte Digitisierung, also die Umwandlung analoger in digitale Daten, damit sie in maschinenlesbarer Sprache vorliegen. Dafür wurde auch seine Lernfabrik via NX-CAD digitisiert. Das in der Lernfabrik produzierte Produkt steht an sich nicht im Vordergrund. Prozesse und Informationsflüsse müssen korrekt und unter Einhaltung von Spielregeln (Protokollen und Formaten) kompatibel abgebildet werden. Die Smartfactory als Forschungseinrichtung besitzt daher bewusst einen heterogenen Maschinenpark mit unterschiedlichen Protokollen und unterschiedlichen Maschinensteuerungen, um auf die Herausforderungen der Vernetzung gezielt eingehen zu können, so wie sie auch in den Unternehmen vorzufinden sind.

„Künftig wird in Kaufverträgen nicht nur das physische Produkt, sondern auch die Mitlieferung des digitalen Modells verlangt“, ist Pichler überzeugt, alle Maßnahmen, damit im eigenen Haus noch schneller und einfacher Digitalisierung umgesetzt werden können.


Konstruktionssoftware entwickelt

Thomas Auzinger vom Institute of Science and Technology Austria (ISTA) aus Klosterneuburg stellte die von ISTA entwickelte Software AutoMold vor, mit der automatisch Gussformen konstruiert werden können. Anhand der virtuellen Daten des Bauteils werden mithilfe computergestützter Konstruktionsalgorithmen Trennflächen generiert, die eine reale Entformung des Bauteils gewährleisten. Weiters lassen sich die Baupläne der Formen automatisiert erstellen. Die Vorteile für Anwender:innen sieht Auzinger in der Produktivitätssteigerung in der Werkzeugkonstruktion und der verbesserten und beschleunigten Angebotslegung und Fertigungsplanung.


Fehlende Kompatibilität

„Um die Wettbewerbsfähigkeit nicht bloß zu sichern, sondern sogar zu erhöhen, ist die Implementierung einer exakten Prozesskette unumgänglich. Dabei sind neben den technischen Herausforderungen auch die rechtlichen Rahmenbedingungen zu definieren“, betonte Wolfgang Kienzl, Projektmanager im Kunststoff-Cluster und Organisator der Veranstaltung.

Von der Bauteilentwicklung bis zur Serienfertigung betrachtet, liegt für ihn die große Herausforderungen in der fehlenden Kompatibilität zwischen den Schnittstellen. Diese führe zu Konvertierungsproblemen und Fertigungsinformationen gingen verloren. Die Lösung sieht Kienzl in vernetzten Systemen.

 

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